Sauber applizieren im Geradstich.

Die liebe Lucie von Liebnählichkeit fragte mich neulich, ob ich nicht eine Anleitung darüber schreiben kann, wie einem saubere Applikationen gelingen. Mit gerade mal 2 Jährchen an Applikations-Erfahrung fühle ich mich zwar längst nicht als Profi, aber was ich weiß, gebe ich sehr gern weiter!

Ich beginne gleich mit einer Einschränkung: Hier möchte ich beschreiben, wie ich Stoffteile aus Jersey oder anderen am Rand nicht ausfransenden Materialien (z.B. Sweat, Fleece oder Kunstleder) im Geradstich appliziere.

Für Stoffteile aus Webware benötigt man bekanntermaßen einen (engen) Zickzackstich. In dieser Technik bin ich weniger bewandert, wenn Euch das interessiert, schaut gern auf Dinis´s Blog hier und hier vorbei, da gibt es tolle Tipps und Tricks.

Vorbereitung der Applikationsteile

  • Wenn auf Jersey appliziert wird, Verstärkung des Hintergrund-Stoffstücks mit ausreissbarem oder wasserlöslichen Stickvlies, alternativ Küchenkrepp o.ä. Das verhindert, dass die Naht unsauber wird, auf der Rückseite schlauft. Ich verwende dieses hier.
  • Abpausen der Applikationsteile auf Vliesofix (Motiv ggf. vorher spiegeln, insbesondere bei Schriften).
  • Diese Vliesofix-Teile mit etwas überstehendem Rand (also nicht entlang der Außenlinien) ausschneiden und links auf die passenden Stoffstücke aufbügeln. Ich lege grundsätzlich Backpapier auf das Vliesofix, da Bleistiftspuren o.a. Farbreste sich gern am Bügeleisen festsetzen und anschließend auf helle Stoffstücke übertragen werden.                  2 (2).JPG                                Außerdem bügel ich meist die Teile im passenden Fadenlauf auf, mir gefällt dann das Gesamtbild besser.
  • Jetzt die Applikationsteile entlang der Außenlinien ausschneiden.
  • An dieser Stelle setze ich die Applikation ein erstes Mal probehalber auf dem Hintergrund zusammen. Ich markiere mir mit Nadeln die ungefähren Außenkanten rechts, links, oben und unten. Ich schaue, wo welche Lage wieviel überlappen muss, damit das Gesamtbild passt. Der Grund, weshalb ich das jetzt tue: Nach dem folgenden Arbeitsschritt sind die Appli-Teile nicht mehr so schön stabil, sondern „labberig“ – beim bloßen Auflegen ist das Gesamtbild nicht so gut erkennbar.                           3.JPG
  • Nun das Trägerpapier von den Teilen abziehen. Um das Papier anzulösen, kann man Jerseyteile einfach 90 ° zum Fadenlauf vorsichtig „einreißen“ – es reißt nicht der Jersey, sondern das Trägerpapier! Bei sehr kleinen Teilen einfach vorsichtig am  Stoffrand „pulen“.                                       4.JPG

Aufbügeln

  • Jetzt wird es spannend, die Applikation wird aufgebügelt. Dabei ist das A und O die richtige Reihenfolge entsprechend den vorgesehenen Überlappungen. Manche Vorlagenersteller geben die Reihenfolge genau an, das ist natürlich hilfreich. Ansonsten solltest Du bereits im vorletzten Schritt fest gestellt haben, welche Lagen wohin müssen. Notfalls noch einmal testen – einmal aufgebügelt, bekommt man die Teile selten ohne Schaden nochmal gelöst!
  • Die „Gretchenfrage“ an dieser Stelle ist, bügel ich eine Schicht auf und nähe diese erstmal an, bevor ich die nächste Lage aufbügele, oder erst alles bügeln und dann nähen? Beides hat Vor- und Nachteile:

Lage für Lage bügeln und nähen: Weniger Fadenenden zu sichern, aber ggf. mehr Garnwechsel nötig, wenn man farblich passendes Garn benutzt. Komplizierte Applikationen sind außerdem oft schwer perfekt zu platzieren, wenn dazwischen liegende Teile fehlen.

Komplett bügeln, dann nähen: Weniger Nähte, da überlappte Stellen nicht genäht werden müssen.

Bei mir ist es meist ein Mix aus beiden Varianten. Ich schaue mir die Applikation vorher unter genau diesem Aspekt genau an. Ein Beispiel, wo Lage-für-Lage empfehlenswert ist:

2.jpg

(Die Locken sind durch das Horn so oft unterbrochen, da wird man adelig, wenn das Horn schon drauf ist.)

Ein Beispiel, wo erst-alles-bügeln-dann-nähen prima ist:

Applikation Pinguin applique penguin Zauberlehrling

Aufnähen – Vorbereitungen

  • Die Wahl der richtigen Nähmaschinennadel ist nicht unerheblich. In jedem Fall eine Jersey- besser noch Superstretch- oder Top Stitch-Nadel. Eine ganz neue Nadel einzusetzen, ist für ein schönes Ergebnis nicht verkehrt!
  • Sehr vorteilhaft ist ein Applikationsfuß, da der Fuß den Stoff nicht verdeckt. 6
  • Manche spannen ihren Hintergrund-Stoff vor dem Nähen in einen Stickrahmen, das ist Geschmackssache, ich tue das nicht.
  • Ober-Fadenspannung etwas reduzieren. Bei mir: Normal 5, Applizieren mit 3-4. Beim ersten Mal gern an einem Stoffstück testen, dabei auch Ecken und Rundungen testen!
  • Stichlänge des Geradstichs: Ich appliziere mit „2“, in allen engen Kurven weiter reduzieren, Pupillen z.B. mit „1“.
  • Die nächste „Gretchenfrage“ ist die Garnfarbe, also Ton-in-Ton mit den Appli-Teilen, oder einfarbig – meist schwarz. Beide Varianten haben ihren eigenen Charme bzw. Stil, und zusätzlich wieder Vor- und Nachteile:

Garnfarbe Ton-in-Ton

Kleine Ungenauigkeiten beim Nähen sind kaum sichtbar wie auch die Nähte insgesamt. Diese Variante ist mein persönlicher Favorit.

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Garn einfarbig – schwarz

Weniger Aufwand, da der Garnwechsel entfällt.

Applikation Bluebärri Smietz

Aber auch bei dieser Methode muss nicht zwingend supergenau genäht werden: Insbesondere Applikationen, bei denen die Linien mehrmals genäht werden, haben bei überlappenden Nähten ihren eigenen Reiz.

Noch ein Wort zur Qualität des Nähgarns – lieber hochwertig als Billiggarn, ich benutze ausschließlich Gütermann Allesnäher (und bekomme für die Nennung keine Provision. ;-)).

Aufnähen – jetzt geht´s los

  • Wie oft nähe ich ein und dieselbe Stelle fest? Ich habe mir angewöhnt, alle Nähte zweimal zu nähen. So kann ich kleine Ungenauigkeiten wie einen zu geringen oder zu großen Abstand zur Außenkante des Teils in der 2. Runde korrigieren. Außerdem bilde ich mir ein, dass die Appli insgesamt so besser hält. Zusätzlich wird die Naht, wenn ich beide male sauber übereinander nähe, schön „plastisch“, finde ich. Noch ein Vorteil: Das Stickvlies geht anschließend bei doppelter Naht besser auszureißen! Aber eigentlich reicht auch eine einzelne Naht.
  • Bei Maschinen mit einstellbarer Nähgeschwindigkeit, diese reduzieren. Diesen Luxus habe ich leider nicht und kann daher keine genauen Angaben dazu machen. Aber mit etwas Gefühl/ Erfahrung kann man auch ohne dieses Feature langsam nähen.
  • Ich nähe nur längere gerade Nähte mit normaler Geschwindigkeit. Je kurviger die erforderliche Naht, desto langsamer muss genäht werden, um ein sauberes Ergebnis zu erzielen. Das bedeutet im Klartext: Alle richtig engen Kurven ggf. mit dem Handrad nähen! Mein Handrad und ich sind gute Freunde. 😉
  • Ich nähe in einem Abstand von 1-1,5mm zur Kante. Größere Abstände sehen unvorteilhaft aus, sobald sich das Vliesofix ausgewaschen hat.
  • Naht-Endensicherung: Nicht vor- und zurück nähen, sondern Fadenenden nach hinten ziehen und dort verknoten. Ich mache das nach jeder Naht, da sich die Fäden sonst gern mit der nächsten Naht verschlingen. Bei Sommershirts, die ohne Unterhemd getragen werden, könnten die Knoten auf der Rückseite bei empfindlicher Kinderhaut etwas reiben. Wer mag, kann Stickschutz darüber bügeln. Das ist ein relativ stoffähnliches Vlies, das man hinter Gesticktes oder eben Appliziertes bügeln kann.                  17353156_1640285729321831_8429603299252135593_n                                                      Danke an Jana von Zum Nähen in den Keller für Bild und Praxistest!
  • Sehr kleine Punkte wie Pupillen nähe ich in engem Zickzack, anstatt sie zu applizieren.                                            DSCN0070
  • Linien wie Mund und Nase auf Gesichtern werden meist genähmalt, dazu gibt es separate Tutorials. Vielleicht nur soviel: Ich zeichne diese Linien entweder wie eine Schablone auf aufbügelbares Stickvlies:             8.JPG                                                … oder male sie mit einem (wasserlöslichen) Trickmarker direkt auf den Stoff.
  • Ist die Applikation fertig, wird das Stickvlies auf der Rückseite vorsichtig ausgerissen. Kleine Stücken kann man getrost dranlassen, die waschen sich aus. Ebenso natürlich auswaschbares Vlies. 9.JPG

Weitere Tipps

  • Während der Arbeit, Aufbewahrung der Appliteile in Dose oder Ziploc-Beutel (danke für diese Idee, Jana!), damit man vor dem Festbügeln kein Teilchen „verliert“
  • Aufbügeln hitzeempfindlicher Materialien, z.B. Fleece: Hitze reduzieren, ein Tuch zwischen Appli und Bügeleisen legen, oder nur den Untergrund heiss bügeln und die Appli schnell auf den heissen Stoff drücken – mein Favorit
  • Beim Applizieren auf große Stoffstücken wie z.B. einem Tischläufer stört beim Nähen der viele Stoff. Diesen stecke ich vorher mit Nadeln handlich zusammen.
  • Einen schönen Effekt bringt eine „Zwischenlage“: Appli zuerst auf (kontrastfarbenen) Jersey aufnähen, diesen knappkantig ausschneiden und dann das ganze auf das eigentliche Projekt aufnähen.2
  • Ärgert Ihr Euch auch gelegentlich über Vliesofix, das sich schon vor dem Aufbügeln von der Trägerfolie löst? Für große Applikationsteile lässt es sich oft noch benutzen, oder Ihr bügelt es einfach im Ganzen auf einen Jersey in oft benutzter Farbe. Dann hebt Ihr das so vorbereitete Jerseystück einfach für kommende Appli´s auf.

Auf meinem Blog gibt es noch andere nützliche Seiten rund um das Thema Applizieren, und zwar die Linksammlung für verschiedene Applikationstechniken …

applizieren-freigestellt

die Appli-Linkparty …

linkparty_schatten

sowie eine Linksammlung mit kostenlosen Appli-Vorlagen!

app_sammlung

(jeweils Klick auf´s Bild)

Und wer bei Facebook unterwegs ist, sei herzlich eingeladen in die Gruppe Appliplausch von Tanja alias Künstlerkind und mir – hier gibt´s täglich Tipps und Inspiration, sowie im Herbst den nächsten Applikationswettbewerb!

Verlinkt beim Freutag , So-mach-ich -das und Kiddikram.

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6 Gedanken zu „Sauber applizieren im Geradstich.

  1. Pingback: Anleitungen und Anregungen rund um´s Applizieren | Carla näht.

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